Das Projekt Inzinger Dorfbuch

Herausgeber des Dorfbuches: Gemeinde Inzing, Eigenverlag, 2007

Die Arbeitsgruppe Dorfbuch:
Koordination: Georg Oberthanner und Dr. Brigitte Scott
Lektorat: Hans Erler und Dr. Brigitte Scott
Layout: Daniel Scott und Robert Pisch
Redaktionelle Leitung: Mag. Hannes Gstir

Die Qualität unseres Dorfbuches zeigt sich nicht im erschöpfenden Aufzählen von Daten, sondern in der Vielfalt der Beiträge der Autorinnen und Autoren. Die Aufgabe des Redaktionsteams war, diese Beiträge wie bunte Steinchen zu einem Mosaikbild zusammenzufügen und damit die Seele des Dorfes in ihrer Unverwechselbarkeit sichtbar zu machen.

Georg Oberthanner

Das Dorfbuch hat für mich einiges gemeinsam mit Schwangerschaft und Geburt:
Zuerst das Auf und Ab zwischen Vorfreude auf das Ergebnis und Bangen, wie es wohl wird.
Wenn man dann wirklich draufkommt, wie heftig es wird, ist es zu spät zum Aussteigen.
Wenn man es geschafft hat, ist man stolz und froh.

Brigitte Scott

Den wahren Wert des Dorfbuches wird wohl erst die Zukunft zeigen. Der dörfliche Hintergrund verschwindet, der Ort entwickelt sich rasant weiter, viele Quellen selbst für die nicht so ferne Vergangenheit brechen weg. Fünf oder zehn Jahre später wäre aus dem Projekt ein ganz anderes Dorfbuch entstanden.

Die Umsetzung eines Dorfbuches für Inzing sollte von vielen DorfbewohnerInnen durch Beiträge zu den im Buch vertretenen Themen mitgetragen werden. Das mildert nicht nur die Exponiertheit der einzelnen AutorInnen, sondern wirkt auch der unweigerlich begrenzten Sichtweise des Einzelnen entgegen. Das Buch wird so authentischer und vielfältiger.

Voraussetzung dafür war natürlich, möglichst kompetente mitgestaltende Personen für die verschiedenen Themen und das Projekt insgesamt gewinnen zu können. Das Echo auf unsere Bitte mitzuarbeiten war überwältigend. Es haben beim Buch (335 Seiten) und der Beilage „Inzinger Vereine” (58 Seiten) in der Redaktion, als AutorInnen, Fotografen usw. an die hundert Personen mitgewirkt. Ich glaube, darauf können wir wirklich stolz sein, es gibt keinen besseren Beweis für eine funktionierende Dorfgemeinschaft.

Diese große Schar an fleißigen Händen erforderte im Gegenzug allerdings einen enormen organisatorischen und zeitlichen Aufwand. Die Zeit und Mühe, die uns die Beilage der Inzinger Vereine kostete, steht in keinem Verhältnis zum Ergebnis. Manche Texte mussten wir mühsam eintreiben, viel herumtelefonieren, nachträglich Daten ändern, weil sich in der Zwischenzeit ein neuer Vereinsvorstand gebildet hatte usw. Dann fehlten wieder Fotos oder sie waren unbrauchbar für den Druck. Wir im Redaktionsteam erkannten, „Das ist jetzt unser Lehrgeld!” Viele Probleme, die uns bei der Vereinsbeilage zu schaffen gemacht hatten, konnten wir beim Hauptbuch vermeiden.

Die Grundlage für die Struktur des Hauptbuchs waren Überlegungen zum Begriff „Dorf”. Für uns ist ein Dorf einmal ein Ort mit seinen naturräumlichen Gegebenheiten, dann eine Siedlung in ihrem Bestand durch die Zeiten und vor allem auch das Ergebnis dessen, wie Menschen in ihrer jeweiligen Zeit in ihren äußeren Gegebenheiten zusammenleben.

Fast alle Themen, die im Buch vertreten sind, werfen ein positives Licht auf unser Dorf. Wir haben uns aber nicht um das Thema „Nationalsozialismus” gedrückt – im Gegensatz zu vielen anderen Dorfbüchern. Das Autorenteam hat diese heikle Aufgabe mit viel Fingerspitzengefühl gelöst, musste aber trotzdem nach Erscheinen des Buches heftige Reaktionen aushalten. Der Beitrag basiert auf den Aussagen von Zeitzeugen aus unserem Dorf, wertvolles geschichtliches Wissen wurde hier gerettet.

Der vielfältige Bereich „Soziales” dürfte in der bei uns vertretenen Form als eigener Themenblock in der Gattung der Dorfbücher einen neuen Maßstab setzen. Hier geht es um unser aller Zusammenleben, wie wir zueinander stehen, gemeinsam feiern, einander helfen, aber auch weniger schöne Phasen des Lebens miteinander durchleben.

Unentbehrliche Quellen für viele Beiträge waren die Arbeiten der Dorfchronisten Franz Pisch und Hans Oberthanner, sowie die Dorfzeitung oder Vereinschroniken. Manche Beiträge erforderten dennoch ausführliche Recherchen und mühevolle Kleinarbeit. Wir konnten fast alle Themen im Buch durch kompetente Personen aus Inzing abdecken. Was uns fehlte, bekamen wir in Form von wissenschaftlichen Beiträgen durch hervorragende auswärtige AutorInnen, die ihre Beiträge dankenswerterweise unentgeltlich zur Verfügung stellten.

Von allem Anfang an hatten wir „Gschichtln”, Sagen und Anekdoten für das Dorfbuch eingeplant, wir wollten den Unterhaltungswert eines solchen Buches nicht zu kurz kommen lassen. Alle Texte sollten gut verständlich sein, wir wollten kein „hochgestochenes” Buch, keine übertriebenen Auflistungen von Zahlen oder Namen.

Einen sehr hohen Stellenwert hatten bei unserer Arbeit die Fotos. Enorm viel Zeit und Energie haben wir in Suche, Auswahl, Fotografie und technische Bearbeitung von hunderten Bildern gesteckt. Bei historischen Aufnahmen war die Bildchronik von Hans Oberthanner eine wertvolle Quelle für uns.

Die ausgezeichnete Zusammenarbeit im sechsköpfigen engeren Redaktionsteam (Koordination, Lektorat, Layout, Redaktionsleitung) trug wesentlich dazu bei, dass uns die Arbeit am Buch meistens Freude machte und half uns über private und gesundheitliche Krisen hinweg. Allerdings nahm das Projekt über einen ziemlich langen Zeitraum (18-36 Monate, abhängig von der Funktion im Team) einen sehr großen Raum im Leben von jedem von uns ein, was nicht immer problemlos zu bewältigen war.

Die Gemeinde Inzing unterstützte das Projekt vorbehaltlos und ohne jegliche Einflussnahme, was wir sehr zu schätzen wussten.

Sobald das fertige Buch geliefert wurde, fanden wir (und auch das Inzinger Publikum) sofort einige Fehler. Das tat weh, hatten wir uns doch so sehr bemüht, Text und Bilder genauestens zu kontrollieren. Doch wo Menschen sind, werden auch Fehler gemacht. Fehlerfreie Quellen gibt es nicht, organisatorische Reibungsverluste öffnen Lücken, durch die sich Pannen einschleichen können. Auch wenn man einige unangenehme Begegnungen in Kauf nehmen muss: Von der Gefahr Fehler zu machen sollte man sich nicht entmutigen lassen! Allerdings empfiehlt es sich, ein Korrekturblatt einzuplanen, das nach einer angemessenen Zeit die aufgezeigten Fehler richtigstellt.

Und noch eine Empfehlung: Vor Alleingängen sei gewarnt! Die Zeiten allein arbeitender DorfbuchschreiberInnen sind vorbei und die Gefahr eines Tunnelblicks ist zu groß.

Und was bleibt uns vom Dorfbuch?

Der Gedanke, etwas Brauchbares für Eingesessene und Zugezogene geschaffen zu haben. Etwas mit einer gewissen Tiefe, einen Einblick in unser Dorf, aber ohne Beweihräucherung.

Für uns ist das Projekt damit abgeschlossen. Eine Neuauflage in zehn, fünfzehn Jahren mögen andere angehen, mehr als ein Dorfbuch hat im Leben von keinem von uns Platz. Der vorliegende Band jedoch, davon sind wir überzeugt, kann für zukünftige Projekte als solide Grundlage dienen.

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Dorfbuch-Präsentation am 4. Feber 2007

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Präsentation im Mehrzweckraum der Volksschule Inzing (Foto: Willi Zöhrer)

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links: Bürgermeister Kurt Heel, rechts: Mag. Hannes Gstir (Foto: Dietmar Gspan)