Die Orgel

Seit alten Zeiten trug Orgelklang zur Feierlichkeit und Schönheit des Gottesdienstes bei. 660 bewilligte Papst Vitalismus den Gebrauch der Orgel für den kirchlichen Gottesdienst. Man sagt, daß Karl der Große - er lebte um 800 - das Verdienst für sich in Anspruch nehmen darf, die Orgeln in der Kirche zur Stütze des Volksgesanges eingeführt zu haben. Die älteste Kirchenorgel nördlich des Alpenhauptkammes ist die ,,Ebert-Orgel`` in der Innsbrucker Hofkirche. Kaiser Ferdinand (1503-1564) beauftragte den Ravensburger Ebert mit dem Bau einer Orgel. Dieser führte den Auftrag in der Zeit zwischen 1555 bis 1561 aus.

Ob in der 1451 geweihten und ca.1777 abgerissenen Inzinger Kirche eine Orgel stand, ist nicht sicher nachzuweisen. Die Umstände sprechen dafür, daß man dies annehmen kann.

Fischnaler[*] erwähnt in seiner Innsbrucker Chronik, daß der Orgelbauer Anton Fuchs[*] 1774 die Orgeln zu Mariahilf in Innsbruck und in Inzing - damals stand noch die alte Kirche - repariert habe. Der Innsbrucker Orgelfachmann Hans Joachim Neumann verfaßte am 17.April 1948 einen Bericht über den Zustand der Orgel in unserer Kirche. Darin erwähnt er, daß Fuchs die Orgel in Inzing 1777 (Baubeginn unseres Gotteshauses) oder 1790 aufgestellt habe. Ein Widerspruch! Fischnaler ist Historiker, Neumann nur Orgelexperte.

Noch eine Erwägung! Schon vor 1690 brachten Wallfahrer der ,,Inzinger Muttergottes`` ihre Anliegen vor; sicher stieg im Laufe der nächsten Jahrzehnte die Besucherzahl. Auch das spricht für den Bestand einer Orgel in der alten Kirche.[*]

Die Orgel, die Fuchs neu aufgestellt oder reparierte, besaß ein stattliches Ausmaß. Tinkhauser nennt sie in seiner ,,Beschreibung der Diözese Brixen`` ,,ein gutes Werk mit 21 Registern``.

1866 reparierte der Orgelbauer Weber aus Oberperfuß die Orgel und wechselte dabei einige Register aus. Sicher besaß die ,,Weberorgel``, wie unser jetziges Instrument, das Rückpositiv. Vielleicht hatte es schon Fuchs in seinem Werk eingebaut.[*]

Der zweite große Eingriff erfolgte 1905 von Anton Behmann aus Schwarzach in Vorarlberg. Nach Ansicht des Experten hatte der Orgelbauer auf die Eigenart und Klangschönheit des alten Instrumentes zu wenig Rücksicht genommen und durch den Einbau von neuen stilwidrigen Registern und durch Stillegung des Rückpositivs den Klangcharakter des Werkes ungünstig verändert. Das links an die Orgel angebaute Schwellwerk mit seinen nichtssagenden Stimmen blieb nicht nur ausdrucks- und wirkungslos für die Tonfarbe der Orgel, sondern engte den ohnehin kleinen Raum für die Sänger noch mehr ein. Der Spieltisch befand sich unter den Prospektpfeifen; der Organist wandte den Rücken zum Hochaltar.

Im Ersten Weltkrieg wurden die Prospektpfeifen (Prinzipal 8') aus Zinn, ein für Kriegszwecke wertvolles Metall, entfernt und danach nicht mehr ersetzt. Damit fehlte der Orgel ein wichtiges stimmführendes Register und ihre Tonstärke war für den großen Kirchenraum zu schwach.[*]

Rechts am Hauptwerk der ,,Behamorgel`` befand sich ein umfangreicher Kasten, in dem der Magazinbalg untergebracht war. Jahrelang trat der ,,Blinde Luis`` aus unserem Armenhaus zuverlässig den Balg. 1935 lieferte die Elektrofirma Obermann und Czettel in Innsbruck ein elektrisches Gebläse, das für 28 Register bestimmt war. Die Arbeiten besorgte der Betriebsleiter unseres E-Werkes, Josef Köhle.

Obwohl bald nach dem Ende des Ersten Weltkrieges viele von einer Renovierung der Orgel sprachen, vergingen noch Jahrzehnte bis es dazu kam. Am 18.Mai 1948 und am 2.März 1949 reichte die Orgelbauanstalt in Steinach Kostenvoranschläge ein, die auf 34000 Schilling lauteten, wobei Transportkosten, Tischler- und Maurerarbeiten nicht inbegriffen waren. Auch die Kosten für die Verpflegung und Unterkunft der 3 bis 4 Arbeiter während der Monate (5-6 Wochen) kamen noch hinzu.

Es wurde 1955 bis Meister Johann Pirchner aus Steinach mit dem Umbau beginnen konnte. Die Preise waren unterdessen erheblich gestiegen. Da unsere Orgel unter Denkmalschutz steht, forderte das Landesdenkmalamt, daß die Fehler, welche bei früheren Eingriffen erfolgt waren, behoben werden müssen und daß die Originaldisposition des Instrumentes anzustreben sei.

Dem ist Meister Pirchner im großen und ganzen nachgekommen. Das Instrument umfaßt im Hauptwerk 11, im Rückpositiv 7 und im Pedal 6 Register, dazu 1 Manu- und 2 Pedalkoppeln.[*] Den Schwellkasten verwendete er nicht mehr; der Südraum der Empore wurde so geräumiger.[*] Der Spieltisch ist nicht mehr an der Ost-, sondern an der Nordseite des Hauptwerkes. Der viel Platz fordernde Blasebalg wurde entfernt und in die Seitennische gestellt. Während vor 1955 der Kirchenchor im beengten Südraum sang, steht ihm nun der gesamte Nordraum zur Verfügung. Das Rückpositiv setzte Pirchner wieder instand und bereicherte die Klangfarbe und -fülle unserer Orgel. Im Positiv stehen 474 Pfeifen.

Die Neufassung und Vergoldung des Orgelgehäuses führte Oswin Höfer aus Innsbruck aus. Das große Gehäuse kostete 6750 S und das kleine (Rückpositiv) 1410 S

Über die neue Orgel schrieb die Tiroler Tageszeitung am 24.9.1955 (Auszug):

Die Kollaudierung der Orgel nahm Prof.Karl Koch aus Innsbruck (Domchorleiter) vor. Seine Äußerung: ,,Die Arbeit ist sauber und gewissenhaft und die Anlage offertgemäß. Die Spielpräzision läßt nichts zu wünschen übrig. Es ist mir von jeher ein Kriterium für die klangliche Güte eines Instrumentes, wenn es beim Spielen schon Freude macht und zum Spielen anregt. Dieses Gefühl hat man bei dieser Orgel.``
Die beiden kleinen, aber wertvollen Statuen (Petrus und Paulus, Bildhauer unbekannt), die seit der Kirchenrenovierung links und rechts neben der Orgel an der hinteren Wand hängen, stammen aus der Rangger Kapelle an der Salzstraße. Dort waren sie vor Dieben nicht mehr sicher.

Herr Anton Schärmer (Hauptstraße 11) erzählte mir, daß die beiden Figuren aus einer Pettnauer Kirche stammen sollen und in der Kapelle aufgestellt wurden. Schon einmal, in den dreißiger Jahren, hatten Gauner die beiden Heiligenstandbilder entwendet, doch hat man das Diebesgut bald in Oberösterreich entdeckt und in die Kapelle zurückgebracht.

http://www.pisch.at/Ernst/Wissen/Dorfbuch/Dorfbuch.html