Innüberschwemmungen
Der Inn überschwemmte im Laufe der Jahrhunderte immer wieder Wiesen,
Weiden und Äcker unserer Gemeinde. Doch die Verluste, die unsere Bevölkerung
durch ihn erlitt, waren nie so groß wie die Murschäden; vor allem
war das Dorf vor ihm stets sicher.
Aus den frühesten Zeiten nach der Einwanderung der Deutschen gibt
es keine schriftlichen Belege für Innüberschwemmungen; sie verursachten
in diesen Zeiten keinen Schaden, denn der Talboden wurde durch Jahrhunderte
hindurch nur sehr wenig genutzt.
Reg.Rat Prof.Dr.J.Schorn, der uns die eingehendsten und vollständigsten
Aufschreibungen über die ,,Hochwassergeschichte Tirols`` hinterlassen
hat
, erwähnt, daß für das 14. und 15. Jahrhundert gleich viele, für
das 16. Jahrhundert doppelt so viele Überschwemmungen in Nord- und
Südtirol waren. Auffallend ist das Abnehmen von Hochwässern im 17. Jahrhundert.
Daß das 19. Jahrhundert in seinen Aufzeichnungen die meisten Überschwemmungen
aufweist, dürfte wohl auf das häufigere Aufschreiben dieser Elementarereignisse
zurückzuführen sein.
Die verheerendsten und regional ausgedehntesten Hochfluten waren in
den Jahren 1757, 1772, 1789 und 1882. Das zuletzt genannte Hochwasser
hatte für unser Gebiet keine große Bedeutung, doch brachte es Südtirol
und Osttirol schweren Schaden.
Die häufigsten Überschwemmungen treten in der Zeit des letzten Drittels
August bis Ende September auf. In diesen Monaten ist die Gletscherschmelze
noch beträchtlich und es setzen häufig anhaltende Regen ein.
In weitem Abstand folgen der Oktober und der Hochsommer (Mitte Juli
bis 20. August). Weniger Überschwemmungen sind von Mitte Juni bis
Mitte Juli, noch seltener im letzten Drittel Mai bis Mitte Juni. Für
April und für Jänner-Feber sind nur je eine bemerkenswerte Überschwemmung
bekannt (1571 und 1861). Ein Hochwasser für März ist nicht nachweisbar.
Hochwasser in der Gaisau (1999)
Für unser engeres Heimatgebiet sind folgende größere Überschwemmungen
zu nennen: (Diese Aufzählung kann nicht den Anspruch auf Vollständigkeit
erheben)
- 30.8.1566:
- Nach starken Schneefällen kam Föhn und Regen. In den
Straßen Innsbrucks konnte man mit Schiffeln fahren.
- Ende Juli 1669:
- ,,Grausame Unwetter mit Regengüssen, Blitz und
Donner und von einer Art Erdbeben begleitet``. In Innsbruck stürzten
30 Häuser ein und gegen 200 Menschen ertranken. Ob von diesem schrecklichen
Unheil nur Innsbruck betroffen war und unser Dorf heil davon blieb,
ist unbekannt.
- 1.9.1757:
- Eine der größten und furchtbarsten Überflutungen des
Landes, besonders im Stubaital, Silltal und Unterinntal. Fast ebenso
schrecklich war das Hochwasser im nächsten Jahr (23.7.1758)
- 10. und 11.7.1762:
- Am 11. Juli um 14 Uhr stand die ganze
Umgebung Innsbrucks unter Wasser. Die Brücken von Zams, Schönwies,
Roppen, Mötz und Telfs waren weggerissen. Starke Regengüsse und der
Ausbruch des Ötztaler Gletschersees hatten diese Hochflut verursacht.
Bei uns und am Reißenden Ranggen erfolgten ausgedehnte Einrisse am
Innufer. Dieses Unglück zählt zu den ärgsten Innüberschwemmungen unserer
Dorfflur.
- 17.9.1772:
- Die Telfer Brücke wurde weggeschwemmt, große Gebiete
lagen unter Wasser.
- 10.10.1789:
- Eine der furchtbarsten Hochfluten im Inntal. Am schlimmsten
wüteten der Ruetzbach und die Melach. Die Brücken von Landeck, Schönwies
und Mötz waren zerstört. In der Innsbrucker Pfarrkirche stand das
Wasser 90 cm hoch.
- 1792
- erreichte der Inn eine Höhe, wie sie die ältesten Leute nicht
erlebt hatten.
Im Telfer Buch, Seite 125, werden große Überschwemmungen auch für
die Jahre 1802, 1851, 1855 und am 31.1.1862 genannt; ob diese
Hochfluten nur lokale Bedeutung hatten oder ob sie auch unser Gebiet
schädigten, ist mir nicht bekannt.
- 18. bis 21.6.1871:
- Heftiger Föhn beschleunigte die Schneeschmelze
und verheerende Gewitter waren die Ursache dieser Hochflut. In Telfs
erreichte der Wasserstand am 19.6. morgens eine seit 1792 nicht
mehr bekannte Höhe. In Innsbruck zeigte der Pegel 553cm, das war
der bisher höchste festgestellte Wasserstand. Die Gebiete am Inn von
Telfs bis Völs lagen drei Tage unter Wasser; das Getreide war vernichtet,
die Wiesen verschlammt. Je weiter innabwärts, desto höher war der
Schaden. In Telfs betrug er 13600 Gulden und stieg in Zirl auf
46000 Gulden (für Inzing ist die Schadenssumme nicht bekannt) und
erreichte für den gesamten Bezirk eine Höhe von 400000 Gulden.
Trotz der Verbauungsarbeiten, die man in den beiden letzten Jahrzehnten
des 19. Jahrhunderts vorgenommen hatte, trat der Inn noch häufig
über die Dämme und überschwemmte weithin das Land.
- Mitte Juni 1910:
- Der hochgehende Inn überflutete Wiesen und Äcker,
die zwischen Bahnlinie und Inn liegen. Halbleere Stangger und braunrote
Heuschober ragten aus dem Wasser.
- Allerheiligen 1929:
- Das Hochwasser - zu ungewöhnlicher Zeit -
riß die für die Innuferverbauung errichtete Notbrücke weg.
- 13. Juni 1931:
- Der Wasserstand des Inns betrug 3,7 Meter. Im Gemeinderatsprotokoll
vom 22.März 1932 ist vermerkt, daß im ,,Rahmen der Notstandsmaßnahmen``
die Parteien, welche durch diese Überschwemmung geschädigt worden
waren, insgesamt 1000S erhielten.
- Ende Juni 1935:
- Der Damm war an fünf Stellen durchgebrochen. Die
Gesamtlänge der Durchbrüche betrug 67m. Soldaten und Männer der
Technischen Nothilfe schlossen die Bruchstellen.
- 1948
- stand das Wasser im Zirler Gebiet bis zu einem Meter hoch; die
Hochflut schloß das Dorf Zirl vom Bahnhof ab. Bei uns lag das Gelände
in der Gaisau und zwischen Bahn und Inn, wie bei jeder Überschwemmung,
unter Wasser.
Auch während der Nacht vom 16. zum 17.9.1960 trat Hochwasser
auf. Die Dämme waren für die Hochflut zu nieder und zu schwach, besonders
zwischen Inzing und Unterperfuß gab es Überflutungen und Zerstörungen.
Am linken Innufer war das Gebiet bei Eigenhofen stark in Mitleidenschaft
gezogen.
Die Zeit vom 22.6. bis fast Monatsende 1965 brachte für
ganz Österreich sorgenvolle Tage. Nach einer überaus langen Kälteperiode
folgte plötzlich Sommerwetter mit zeitweise drückender Schwüle. Das
führte zu rascher Schneeschmelze und in vielen Gebieten zu katastrophalen
Überschwemmungen.
Auch bei uns trat der Inn an mehreren Stellen aus den Ufern und setzte
zwischen Polling und Inzing viele Wiesen und Äcker nördlich der Bahnlinie
unter Wasser. An einzelnen Orten im Gemeindegebiet zerstörte die Hochflut
den schützenden Inndamm.
Besonders arg war es unterhalb Zirl. Im Gemeindegebiet Unterperfuß
riß die Melach den Bahndamm ca.60 Meter lang ein. Zwischen Zirl
und Völs war der Bahnverkehr unterbrochen. Die Melach bildete einen
kilometerlangen See.
Am 28.Juni 1965 stellte die Tiroler Landesregierung den Gesamtschaden
für Tirol mit 346200000 Schilling fest.
http://www.pisch.at/Ernst/Wissen/Dorfbuch/Dorfbuch.html