Kirchenbauten in unserem Dorfe

Wenige Jahre nach dem Tode unseres Heilandes brachten die Apostel den christlichen Glauben nach Rom, in die Metropole des römischen Weltreiches. Rom war das Tor zur damaligen Welt. Von hier aus konnte die Lehre Christi weit ausstrahlen und allen Völkern Heil bringen, wie es Jesus seinen Jüngern aufgetragen hatte.

Viele Jahre jedoch verhinderte die staatliche Macht die Ausstreuung des Christentums. Erst unter Kaiser Konstantin d.Gr. konnte seit 313 der neue Glaube ungehindert wachsen.

Im ersten Jahrhundert n.Chr. besetzten die Römer unser Land. Sicher plauderten sie gelegentlich von Jesus, wenn sie beisammen saßen und sich dazu Gelegenheit bot. Manche von ihnen dürften mit ihren Kameraden ernstlich über die Heilslehre Christi debattiert haben.

So wird es auch in dem nach 300 erbauten römischen Militärlager Teriolis (= Martinsbühel) gewesen sein. Von daher hörten vielleicht die Menschen unserer engsten Heimat vom neuen Glauben. Doch wurde dadurch das christliche Bekenntnis bei uns keineswegs allgemein bekannt oder gar eingebürgert.

Um 400 predigten die ersten Missionare im Süden unseres Heimatlandes über Jesus. In den nächsten Jahrzehnten faßte auch bei uns der christliche Glaube Fuß. Allmählich setzte er sich durch. Um dieselbe Zeit dürften die Glaubensboten den Bau der ersten Kirchen Tirols veranlaßt haben.

Kirche und nähere Umgebung (2001)

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Den Grundriß einer solchen Kirche fanden die Archäologen um 1960 in Imst unter dem Boden der Laurentiuskirche. Historiker meinen, daß das Gotteshaus - es faßte kaum 100 Gläubige - in der ersten Hälfte des 5.Jahrhunderts entstanden sei. Es gilt heute als die älteste Kirche Nordtirols.

Auch andernorts fanden Geschichtsforscher im Inntal Zeugnisse solcher frühchristlicher Kirchen, so in Pfaffenhofen, Telfs, Martinsbühel und Wörgl. Auf die uns zunächst liegenden Altkirchen in Pfaffenhofen und in Martinsbühel sei etwas näher eingegangen.

In der Kirche in Pfaffenhofen fanden die Wissenschaftler 1961 eine Priesterbank, die damals in vielen Kirchen üblich war. Diese war so gestaltet, daß die Altertumsforscher annehmen mußten, daß hier ein Bischof residiert habe. Viele Historiker bezweifelten diese Möglichkeit. Ihre Bedenken wuchsen noch, als man 1964 in der kleinen gotischen Kapelle von Martinsbühel, eine ebenso gebaute Priesterbank fand. Also auch hier ein Bischofssitz? War es möglich, daß zwei Bischöfe bei der geringen Bevölkerungszahl auf so engem Raum wirkten? Die Gelehrten waren sich nicht einig und nicht in der Lage, dies zu klären.

Einige nehmen an, daß während der unruhigen und gefährlichen Völkerwanderungszeit ein Bischof, vielleicht aus dem Alpenvorland oder aus dem Donaugebiet, nach Pfaffenhofen geflüchtet sei.[*] Als aber später die Bayern immer wirksamer das Inntal bedrängten, verlegte der Bischof den Sitz für seinen Arbeitsbereich in das befestigte Teriolis, das ihm mehr Sicherheit bot.

Für die Richtigkeit dieser Deutung spricht der Umstand, daß in beiden Orten - das ergaben Untersuchungen einwandfrei - ein Bischof nur kurz residierte. Martinsbühel wurde in der zweiten Hälfte des 6.Jahrhunderts als Bischofssitz aufgelassen. Zeugnisse für dieses kriegerische und unruhige Jahrhundert sind u.a. zwei Brandschichten im Boden des kleinen Gotteshauses in Teriolis. Die Franken und etwas später die Bayern dürften hier gebrandschatzt haben.[*]

In Martinsbühel war diese Weihestätte kein eigenes Gebäude. Die Christen hatten einen größeren Raum eines Profanbaues für den Gottesdienst eingerichtet. Auch in anderen Orten führten Forschungen zu solchen Ergebnissen. In Martinsbühel verwendeten die Gläubigen dazu anscheinend den Empfangsraum oder die Repräsentationshalle des Kommandanten der Militärstation.

Während der Wirren der Völkerwanderung war das Glaubensgebäude, das christliche Missionare gebaut hatten, zum Großteil wieder verfallen. Völker wie z.Bsp. die Bayern, die unser Land durchzogen und zum Teil besiedelten, waren noch nicht bekehrt. Sie glaubten an ihre germanischen Götter und verehrten sie.

Der große Papst Gregor I. (510-604) organisierte zielbewußt seit 594 die Missionierung der Germanen. Nun kamen auch nach Tirol wieder christliche Sendboten, um die Menschen für den katholischen Glauben zu gewinnen.

Zunächst werden sich wohl römisch sprechende Bewohner unserer Heimat zu Christus bekannt haben. Die neu Zugewanderten konnten erst nach und nach für die christliche Lehre gewonnen werden. Glaubensboten, deren Missionstätigkeit nach der Völkerwanderung (um 700) bis in unser Gebiet wirkte, waren der hl.Korbinien und der hl.Magnus. Dieser ist Kirchenpatron in unserem Nachbarort Ranggen.

In den bekehrten Gebieten entstanden im Laufe der Zeit Klöster, die sich zu kulturellen und religiösen Mittelpunkten entwickelten. Die Klöster bekamen vom Herzog oder anderen weltlichen Herren Gründe geschenkt oder schufen sich durch eigenes Roden selbst Land. Das ließen sie von ihren, im christlichen Geist gefestigten Leuten, bearbeiten. Diese einfachen Menschen trugen wesentlich zur Verbreitung des Glaubens bei. Die vorbildlichen Arbeiten der Klöster auf dem Gebiete der Land- und Gartenwirtschaft, in den verschiedensten Sparten der Kunst, in den Schulen u.ä., vermehrten das Ansehen der Kirche, verbreiteten und festigten den Glauben.

Für unser Dorf war das Kloster Freising von hervorragender Bedeutung. Dieses Hochstift besaß, wie aus einer Urkunde von 1034 hervorgeht, in unserem Dorfe Eigentum.[*]

Wir wissen nicht, ob Inzing damals schon ein Gotteshaus besaß. Der Turm der uralten Kirche von Leiblfing grüßte über den Kronen der Erlen und Pappeln, welche die breiten Innauen erfüllten, zu uns herüber. Diese Kirche soll 1090 erneuert worden sein; sie bestand also schon früher.[*]

In den meisten Orten führte die Zunahme der Bevölkerung zur Errichtung von Kapellen, wie etwa heute noch von der Seelsorgekirche weit entfernte Weiler sich ein kleines Heiligtum erbauen. Bei weiterem Wachsen der Einwohnerzahl waren die Menschen gezwungen, die Kapellen zu vergrößern und schließlich eine Kirche zu bauen. Auch für unser Dorf dürfen wir wohl eine ähnliche Entwicklung annehmen. Für Oberhofen ist eine Kapelle im 12.Jahrhundert nachgewiesen. Um diese Zeit haben wahrscheinlich auch die Inzinger eine solche besessen.

Die Pfarrkirche von Inzing (Jänner 2001)

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Die älteste Kirche Inzings soll 1260 von Bischof Bruno eingeweiht worden sein. Schulleiter Nagele erwähnt in seiner Chronik, daß sich in der Kirche, die vor dem jetzigen Gotteshaus in Inzing stand und 1776 niedergerissen worden war, eine Tafel befand; auf dieser war die oben erwähnte Weihe vermerkt.

Irgend welche schriftliche Aufzeichnungen über diese vermutlich älteste Kirche unseres Dorfes sind bisher nicht gefunden worden. Nur A.Plattner erwähnt im Volksboten Nr.19, Jahrgang 1947 (Beilage Südtiroler Heimat, Seite 5), daß in Inzing ein Peterskirchlein schon 1260 urkundlich nachgewiesen sei. Die Urkunde ist aber nicht näher bezeichnet.

Die Namen Petrus und Paulus sind Anzeichen für älteste christliche Niederlassungen. Besonders bei den Franken waren Peterskirchen sehr beliebt. Die Franken übten im Zeitabschnitt der Karolinger (7.-9.Jahrhundert) zeitweise einen maßgeblichen Einfluß auf bayrisches Siedlungsgebiet aus. Diese Umstände würden für ein frühes Erbauungsjahr unserer ältesten Kirche sprechen.

Dieses erste kleine Heiligtum war sicher nur aus Holz gebaut. Die meisten Kirchen aus Stein entstanden in Tirol in der Stauferzeit.[*] Die Inneneinrichtung unserer ersten Kirche war einfach. Es gab vermutlich keine Kanzel, keinen Tabernakel, keinen Beichtstuhl und keinen Altaraufbau. Wenn wir mit den damals lebenden Inzingern an einem Gottesdienst teilgenommen hätten, wären uns ihre Gebete und Lieder schwer verständlich gewesen; sie sprachen in einem anderen Dialekt als wir.

1310, also fünfzig Jahre später, fand die zweite Kirchweihe in unserem Dorfe statt. Es fällt auf, daß in vielen Ortschaften erstmals für das 13.und 14.Jahrhundert Kirchen erwähnt werden.[*] Das dürfte wohl so zu erklären sein, daß zu Anfang des 13.Jahrhunderts die große Rodetätigkeit in Tirol beendet war. Die Bevölkerung vermehrte sich, konnte sich aber nicht mehr verstreuen, da es kaum noch Siedlungsmöglichkeiten gab und mußte im Dorfe bleiben. Die Dichte der Bewohner nahm zu. So wurde es notwendig, bestehende Kirchen zu vergrößern oder neue zu errichten. Es ist aber kaum anzunehmen, daß sich die Zahl der Inzinger innerhalb von fünfzig Jahren so rasch steigerte, daß es notwendig war, eine neue Kirche zu errichten. Die Bevölkerungszunahme hatte wohl schon 1260 zur Errichtung einer Kirche geführt. Es wäre möglich, daß ein Elementarereignis, ein Brand oder eine Mure, das alte Dorfheiligtum zerstört hatte, und nun unsere Vorfahren zwang, ein neues zu erbauen.

Die neue Kirche weihte Bischof Johann III (Wulfing). Der heute noch vorhandene Weihbrief vom 15.12.1311 hat folgenden Wortlaut (in deutscher Übersetzung):

Wir, Johannes, Bischof von Brixen, haben im Jahre des Herrn tausend dreihundert zehn am ersten fünften Wochentage nach dem Feste der Himmelfahrt der Jungfrau Maria die Kirche zu Inzingen vorzugsweise zu Ehren der heiligen Apostel Petrus und Paulus geweiht und haben bestimmt, der Jahrestag ihrer Weihe sei auf den ersten Sonntag vor dem Feste des heiligen Apostels Andreas zu verlegen.

Gegeben zu Brixen im Jahre 1311 am 15.Dezember.
Die Mitte des 14.Jahrhunderts war eine schlimme Zeit. Die Kriegsfackel loderte im Land, Erdbeben vernichteten Siedlungen, der furchtbaren Pest erlagen Tausende; man sprach von einem Drittel der Menschheit. Die einen gaben sich den ausgelassensten Freuden hin, die anderen suchten durch übertriebene Bußübungen Gott zu versöhnen.

Papst Clemens VI. hatte die Landesfürstin Margarete Maultasch mit dem Kirchenbann belegt und über Tirol das Interdikt ausgesprochen. Keine Glocke durfte geläutet, keine Messe gelesen werden. Nur Sterbende erhielten die Lossprechung. Schwer drückte die Belastung das Volk. Erst 1359 erfolgte durch Vermittlung Rudolfs von Österreich die Lösung vom Banne.

Die älteste uns bekannte Stiftung für Inzing stammt aus dem Jahre 1365 und gilt für diese Kirche. Sie bezieht sich auf einen Jahrtag.

Für diese Zeit des Bestandes dieser Kirche liegen auch zwei Dekrete im Gemeindearchiv (Reg. Nr.3 und 5, datiert mit 4.1.1360 und 4.8.1384), womit den Besuchern der Peterskirche in Inzing für gewisse Heiligenfeste ein 40-tägiger Ablaß verliehen wird. Am 3.Jänner 1450 erteilt Kardinal Georg episcopus Prenestinensis für den Besuch der Kirche einen Ablaß von 100 Tagen (Gemeinderegesten Nr.10). Auch für den Besuch der später erbauten Kirchen sind mehrere Ablaßbriefe vorhanden.

1451 ist wieder das Jahr einer Kirchenweihe. Über diese Weihe ist im Landesarchiv eine Urkunde vorhanden, aus der hervorgeht, daß der Brixner Bischof Andreas die Weihe vornahm.

Auch da sind keine Gründe bekannt, warum nach 140 Jahren abermals ein Neubau oder eine Vergrößerung notwendig waren. Inzing hatte damals mit Hatting und Bergweilern ca.350 Einwohner. Hatting besaß in der Zeit eine eigene Kirche. Die Siedlungstätigkeit war schon im großen und ganzen abgeschlossen. In dem eben erwähnten Raum Inzing gab es 77 Häuser, 200 Jahre später 78. Also dürfte kaum eine vermehrte Einwohnerzahl die Ursache eines neuen Kirchenbaues gewesen sein.

Vielleicht zwang ein Brand, dem laut Chronik (von Nagele) die Kirche, das Schlößl und ein Teil der Kirchgasse zum Opfer fielen, unsere Vorfahren zu einem Neubau.[*]

Am wahrscheinlichsten dürfte folgender Umstand für den neuerlichen Kirchenbau entscheidend gewesen sein:

Um 1400 setzte allgemein im ganzen deutschen Lande eine rege Kirchenbautätigkeit ein. Sie schwoll im Laufe der folgenden Jahrzehnte bis ins 16.Jahrhundert mehr und mehr an. Um 1520 trat überall eine Baustille ein, die durch rund acht Jahrzehnte anhielt.[*]

Diese eifrige, durch das ganze 15.Jahrhundert währende Bauwelle, bezeugen auch in unserem Gebiet mehrere Kirchenbauten, so in Oberpettnau 1412, in Pfaffenhofen 1414, in Seefeld 1431, in Inzing 1451, in Leiblfing 1496 und in Flaurling 1508.

In dieser Zeit war die gotische Bauweise modern.[*] Unsere Kirche war kaum ein gotisches Schmuckkästchen mit teuren Zierarten, doch wird sie sicher manche Merkmale dieses Baustiles gehabt haben, so z.Bsp. hohe, schmale Fenster, Spitzbögen, spitzer Kirchturm, Ziergiebel u.ä. Die Längsachse der Kirche verlief nicht wie bei der heutigen von Osten nach Westen, sondern von Norden nach Süden.

Alle umliegenden Dörfer hatten damals eine Kirche, außer Polling, Unterperfuß und Oberhofen. Hier wurden in den Jahren 1608, 1648 und 1740 Kirchen erbaut.[*]

Kaum 80 Jahre später beschäftigten sich unsere Inzinger Vorfahren wieder mit einem Kirchenbau, obwohl in diesen Tagen unter den Bauern Unruhe herrschte.

Manch kleiner Gutsherr und einige Behördenstellen zeigten sich als Bauernfeinde. Die Bauern machten die Kirche für diese schlechten Zustände verantwortlich.

Die Urkunde vom 8.Juli 1527 berichtet von diesem Kirchenbau, erwähnt aber nichts von einer Weihe. In diesem Schriftstück versprechen Peter Schnitzer und Wolfgang Nunnenfeind, Kirchmair und Baumeister des Gotteshauses zu Inzing sowie Nikolaus Kretz, Pfarrer zu Flaurling, die Bedingungen der Stiftung des Kaspar Kirchmair einzuhalten.[*]

Nichts deutet darauf hin, daß die Bauarbeiten etwa eine Erneuerung des alten, 1450 errichteten Heiligtums betrafen. Offenbar war es ein Neubau.

Die Gründe für die Entstehung einer zweiten Kirche sind uns unbekannt. Die mitunter geäußerte Ansicht, daß dies mit dem damals aufblühenden Protestantismus zusammenhängen könnte, ist ein Unsinn. Die neue Lehre fand zwar im 3.Jahrzehnt dieses Jahrhunderts in den österreichischen Ländern schon Eingang, doch kann man sich nicht vorstellen, daß zu Beginn der Glaubensbewegung unser Dorf eine für das Luthertum aufnahmebereite Bevölkerung besessen hätte und nun eine evangelische Kirche baute.

Auf unserem Gottesacker standen also - so befremdend es uns auch anmutet - zwei kleine Kirchen nebeneinander.

Auch Schulleiter Nagele war diese Tatsache nicht fremd. Er erwähnt in seiner 1893 verfaßten Chronik, daß im Volk die Meinung verbreitet war, es wären bis zum letzten Kirchenbau im Jahre 1777 zwei Kirchen gestanden und zwar eine kleinere in der nordwestlichen Ecke des Friedhofes. Ich vermute, daß dieser Bau die Anna-Kapelle war.

Die Anna-Kapelle hat folgende Geschichte:

Im Inzinger ,,Gemeinde-Trüchele``[*] befand sich eine Urkunde, datiert mit 26.Juli 1613, welcher zu entnehmen war, daß der damalige Dekan von Flaurling, Michael Egg, der wohlgeborenen Frau Ursula von Völs, geb. Fiegerin zu Hirschberg und Scharnstein eine alte, unausgebaute allerseits baufällige und noch ungeweihte Kapelle verehrt und geschenkt hat. Dieses Bauwerk stand teils auf dem Friedhof, teils auf dem Grund des Martin Steiner. Ursula von Völs kaufte den Steinerschen Grund mit Bewilligung des Prälaten von Stams (da dieser der Grundherr war), damit niemand ohne ihre oder ihrer Erben Bewilligung in der Kapelle und in dem erworbenen Grund begraben werde. Diese Kapelle wurde renoviert und der hl.Anna geweiht.

Es kann wohl mit großer Sicherheit angenommen werden, daß diese Anna-Kapelle mit dem 1527 errichteten Bau im Friedhof identisch war.

Eine weitere Urkunde vom 31.10.1693 besagt, daß die wohlgeborene Frau Claudia Maria, geborene Freiin von Schneeberg, Witwe nach Freiherr Johann von Völß eine ,,weltewige`` Jahresmesse in der St.Anna-Kapelle gestiftet hat. Ebenso hat Anna Katharina von Völs, Freiin zu Pirchenbaum, Inzingen und Pfaffenhofen laut Urkunde vom 30.6.1694 und vom 30.7.1699 zwei weltewige Monatsmessen in dieser Kapelle gestiftet.

Als die Inzinger das jetzige Gotteshaus erbauten, brachen sie die inzwischen baufällig gewordene St.Anna-Kapelle ab. Die darauf hinweisende Urkunde vom 24.8.1799 nennt auch den Grund für diesen Abbruch, nämlich ,,zur Eroberung eines größeren Platzes und Freithofes``. Im gleichen Schriftstück verpflichten sich die Gemeinde Inzing und Inzingerberg anstatt der abgebrochenen Kapelle einen Altar zu Ehren des hl.Joachim und Anna in der jetzt bestehenden Pfarrkirche zu errichten, und die bisher in der St.Anna-Kapelle abgehaltenen Völsischen Messen in der neuen Kirche lesen zu lassen. Ferner sind Frau Maria Anna Witwe von Pfeifersberg geb. von Altstetten und ihrem Bruder Leopold von Altstetten, sowie deren Nachkommenschaft ein Grab neben dem St.Annaaltar zu gestatten.[*]

Den geforderten Altar errichteten unsere Vorfahren im neuen Gotteshaus. Es kann sich jedoch heute niemand daran erinnern, daß hier die verlangten Messen gelesen worden wären. Es ist auch unbekannt, daß neben dem Annaaltar eine Grabstätte liegen soll. Falls im Steinerschen Grund Völser oder deren Verwandte bestattet waren, zerstörten die Muren, die den Friedhof öfters überschütteten, ihre Gräber.

Um Weihnachten 1685 fand die Ehegattin des Leopold Gaßler (Hauptstraße 13), Frau Gertraud geb. Hechenberger, in einer Kammer des Hauses das Inzinger Gnadenbild.[*]

Gaßler und seine Sippe veranlaßten, daß für die Verehrung des Bildes eine eigene Kapelle errichtet wurde. Dazu hatten sie schon nach wenigen Monaten (14.8.1686) von der kirchlichen Behörde die Bewilligung bekommen, allerdings mit der Einschränkung, daß die Kapelle keinen Zugang von außen haben dürfe.

Die Bauarbeiter durchbrechen die rechte Seitenmauer der früheren Pfarrkirche und bauten die Kapelle an die Kirchenmauer in den Friedhof hinaus.

Die Arbeiten schritten rasch voran. Schon am 16.6.1678 konnte Brixen verständigt werden, daß der Andachtraum fertig war und rund 1600 Gulden gekostet habe. Lediglich einige abschließenden Innenarbeiten waren noch zu erledigen, so insbesondere die Fassung und Vergoldung des Altars und die Anfertigung eines Eisengitters.

Gaßler und die Seinen baten, daß man zur Deckung der Kosten die bisher eingegangenen Opfergaben von 6 bis 700 Gulden dafür verwenden dürfe. Die Bitte wurde bewilligt.[*]

Am 14.September 1687 übertrug man das Gnadenbild feierlich in den neuerbauten Raum.

Den genauen Standpunkt der Kapelle hat bisher noch niemand feststellen können. Beim Bau unserer jetzigen Pfarrkirche soll sie angeblich in diese eingebaut worden sein.

Die Urkunde vom 16.7.1712 spricht davon, daß ein vorhandener Turm abgebrochen und ein neuer errichtet wurde.

Vom damaligen Kirchenprobst Matheus Mösmer ist die Kirchturmbaurechnung noch vorhanden. Ihr ist zu entnehmen, daß die Gesamtkosten 7659,29 Gulden betrugen. Als Baumeister war Georg Windögger tätig, als Maurer Johann Schnaitter, der für seine Leistung 201,7 Gulden bekam. Der Zimmermeister Thomas Rueff erhielt 346,57 Gulden, Johannes Mader in Pettnau für Kalk 48 fl usw.[*]

Dieser Turm steht heute noch. Er wurde beim Abbruch der 1451 erbauten Kirche nicht niedergerissen, sondern für die jetzige Pfarrkirche wieder verwendet.

Er ist ein gotischer Turm mit spitzbogigen Schallfenstern und einem achtseitigen Helm. Die alte Kirche war vermutlich auch in diesem Stil erbaut. Er ist 65 Meter hoch und gehört damit rundum zu den höchsten Türmen.[*] Weit in den Himmel weisend, von schöner Form, ein charakteristisches Kennzeichen unseres Dorfes, paßt er doch nicht zu unserer Kirche. Die jetzige ist höher als die vorige. Damals lagen die Schallöcher beträchtlich über dem First des Kirchendaches und das Klingen der Glocken konnte ungehindert weit ins umliegende Land ertönen.

Ähnlich wie im Jahre 1400 setzte auch 1600 eine große Bauwelle ein, zumindestens in Tirol. (In anderen Ländern erstickten die Reformation und der Dreißigjährige Krieg jegliche Baulust). Von 1600 bis 1699 errichteten die Nordtiroler in ihrem Lande insgesamt 92 Kirchen. In unserer nächsten Umgebung berichten Chroniken nur von Polling (1608) und Leiblfing (1682) über einen Kirchenbau in dieser Ära.

In unserer engeren Heimat steigerte sich die bauliche Betriebsamkeit erst im nächsten Jahrhundert. Neu- oder Umbauten im größeren Ausmaße erfolgten in Leiblfing 1710, Hatting 1725, Oberperfuß 1729, Oberhofen 1740, Oberpettnau 1746, Polling 1754, Pfaffenhofen 1760, Ranggen 1775 und schließlich in Inzing Turmbau 1712 und Kirchenbau 1780.[*]

Unsere schöne und mit Recht bewunderte Pfarrkirche schufen unsere Vorfahren in der Barockzeit. Sicher eiferten die vielen Kirchenbauten ringsum unsere Dorfbewohner an, auch ein Gotteshaus zu bauen.

Daß unser Pfarrheiligtum so prächtig und zugleich anziehend wirkt, den frommen Besucher mit gläubigem Vertrauen erfüllt, ist besonders glücklichen Umständen zu verdanken.

Zunächst hatte die bereits 1555 einsetzende Gegenreformation im Laufe der Zeit tiefwirkende Erfolge aufzuweisen. Mit ihren Aktionen, wie Predigten, Missionen, Prozessionen, Krippenpflege, geistliche Volksschauspiele u.ä. hatte sie den katholischen Glauben wieder gefestigt, das religiöse Bedürfnis der Bevölkerung gesteigert und so in den Gläubigen den Boden für die Bereitschaft zu Kirchenbauten gelegt.

Seit 15.Jänner 1773 wirkte der kunstsinnige Georg Tangl (1722-1787) als Pfarrer und Dekan in Flaurling. Auch Inzing gehörte damals zu dieser Pfarre. 1722 in Fulpmes geboren, lernte er in seiner Knabenzeit den berühmten Architekten im Priestergewande, Franz de Paula Penz, kennen, der als Kooperator in Telfes wirkte (Fulpmes gehörte damals zur Pfarre Telfes).[*] Das in Tangl schlummernde Verständnis für Architektur beeinflußte Penz sicher günstig. Tangl kam als Ministrant mit Penz öfter in näheren Kontakt. Die Verbindung zwischen beiden riß - zu beiderseitigem Vorteil - bis zum Tode nicht mehr ab.

Während seiner Brixner Tätigkeit lernte Tangl den Götzner Baumeister Franz Singer als wertvollen Fachmann kennen und schätzen. Zwischen beiden entwickelte sich ein Vertrauensverhältnis, das zu regem Gedankenaustausch führte und reiche Früchte brachte.[*]

So ist verständlich, daß von diesen beiden Impulse ausgingen, die unseren Ahnen Mut, Opfergeist und Ausdauer für ihr großes und schönes Werk einflößten. Es ist erwiesen, daß Dekan Tangl persönlich den Grundstein zur Inzinger Kirche legte und Franz Singer als Baumeister tätig war.[*] Man nimmt an, daß Tangl auf die Planung der Kirche Einfluß genommen hatte.[*]

Noch etwas dürfte dazu beigetragen haben, daß die Inzinger eine neue Kirche bauten. Unser Dorf war ein Wallfahrtsort geworden; das verpflichtete!

Doch hätten schließlich alle angeführten Gründe nicht ausgereicht, in kurzer Zeit ein so schmuckes Gotteshaus zu errichten und so reichlich auszustatten, wenn unsere Dorfbevölkerung nicht von außergewöhnlicher Opferfreudigkeit, frommen Glauben und Einigkeit bis zur Vollendung des großen Werkes erfüllt gewesen wäre.

Unsere jetzige Kirche wurde unter dem Benefizisten Josef Strickner erbaut. Er wirkte von 1768 bis 1799 in Inzing.

Um einen geräumigen Bauplatz zu gewinnen, entfernten unsere Vorfahren die beiden alten Kirchen im Friedhof. Nur der Turm blieb für den neuen Bau erhalten, da er erst rund 70 Jahre alt war. Alte Leute sollen angeblich erklärt haben, daß auch das Presbyterium unseres Gotteshauses ein Teil der alten Kirche gewesen sei.

Wie schon vermerkt, verlief die Längsachse der neuen Kirche nicht von Nord nach Süd, sondern von Ost nach West. Es war daher eine vollständig neue Grundaushebung erforderlich. Bei den geringen technischen Hilfsmitteln des 18.Jahrhunderts eine mühselige Arbeit in dem aufgeschütteten Murgeschiebe. Unsere Pfarrkirche steht auf Murgrund. Bei den Aushebungsarbeiten konnten die Arbeiter drei Gräberschichten feststellen. Sie lagen in einem Abstand von rund einem Klafter übereinander.

In erstaunlich kurzer Zeit, nämlich von 1777 bis 1779, war der Kirchenbau beendet. Am 8.Juli 1780 weihte Fürstbischof Josef Graf von Spaur die neue Kirche samt fünf Altären ein.

Im Landesarchiv befinden sich zahlreiche Schriftstücke, die sich auf die Erbauung des letzten Gotteshauses beziehen.

So erwähnt eine Urkunde, datiert vom 27.9.1776, daß das o.ö.Gubernium den Kirchenbau zu Inzing bewilligt hat.

Aus einem Verzeichnis sind Namen von Spendern und ihre Gaben zu ersehen, nämlich:

Franz Hofer, Martin Kirchmair, Peter Obertoner, Peter Gaßler-Schmied, Jakob Walcher, Paul Portner, Gertraud Gfasserin, Antonius Portner, Anna Prenseisen, Johannes Gfasser, Josef Prenseisen, Mathias Trenkwalder, Zollinger, Mader, Johann Wonner (Toblaten), Andreas Fritz und Jakob Geiger. Verschiedene Namen sind nicht leserlich. Die Gesamtsumme der genannten Spenden betrug 446 Gulden.

Aus einer Liste über geleistete Arbeit geht hervor, daß die angeführten Personen Fritz, Praxmarer, Mair, Gäßler, Trenkwalder, Zollinger, Eisenstecken, Hohenögger, Schöpf, Gobl und Rauth im Jahre1777 17 bis 18 Tagschichten geleistet haben. Sie erhielten für 18 1/2 Schichten 5,50 Gulden Entgelt.

Anton Fritz, der als Kassier für den Bau fungierte, zahlte am 23.1.1778 für 18000 Ziegel 240 Gulden. 100 Ziegel kosteten 1 Gulden 30 Kreuzer. Als Tischler wird Josef Wanner genannt, als Kupferschmied Jakob Schrodt aus Zirl, als Glaser Lorenz Platner aus Zirl.

Der alte Turm bekam einen neuen Glockenstuhl für 182 Gulden und 2 Kreuzer.

Ein Schuldschein vom 9.5.1777 erwähnt, daß die Gemeinde 2000 Gulden von der Freiherr von Innerhofer'schen Stiftung zu Innsbruck geliehen hat. Die Schuld stattete die Gemeinde am 25.April 1802 wieder zurück.

Am 30.Juni 1783 beschloß die Gemeinde die Übernahme der Kirchenbaurechnung. Darin scheinen die Gesamtausgaben mit 20588 Gulden 39 Kreuzer auf.

Bei der Übernahme der Rechnung beschlossen die Gemeindeväter folgendes:

  1. Die für den Kirchenbau versprochenen Spenden sind bis Martini einzuzahlen.
  2. Es wird ein Jahrtag für alle Wohltäter versprochen
  3. Dem Rechnungsleger Anton Fritz, seinen Nachkommen und seiner Freundschaft wird ebenfalls ein Jahrtag zugesichert.
  4. Von Stiftungen werden 1500 fl an Zahlungs Statt abgegeben und
  5. bleibt die Kirchenbaurechnung in des Rechners Hand, damit unbillige Forderungen zurückgewiesen werden können.
Die Urkunde ist unterfertigt vom Benefizienten Strickner, Peter Gaßler als Gerichtsverpflichteter, Georg Tiefenbrunner als Gewalthaber, Franz Gäßler als Kirchprobst, Peter Fritz als Stiftsführer und als Ausgeschossene vom Dorf: Peter Oberthanner, Ignaz Fritz, Mathäus Schintlholzer, Franz Hofer, Jakob Schnitzer, Michael Partner, Anton Gäßler (Dorfmeister), Martin Kirchmair, Josef Wanner und Blasi Seewald; ferner die Ausgeschossenen von Inzing-Berg: Franz Mair von Hof, Sebastian Prenseisen von Eben, Anton Wanner von Mühltal und Andre Stigger von Tenglhof; Anton Fritz unterzeichnete als Rechnungsleger.[*]

http://www.pisch.at/Ernst/Wissen/Dorfbuch/Dorfbuch.html